Aktuell gibt es viele Berichte über große Batteriespeicher, die angeblich unser Netz vor dem Blackout retten sollen, aber so wie sie aktuell ausgeschrieben werden, könnten sie sogar der Auslöser dafür werden.

Nehmen wir mal als Beispiel einen großen, wirtschaftlich (also nicht netzdienlich) betriebenen Batteriespeicher, der in Bayern gebaut wird. Dieser wird an manchen Tagen im Winter versuchen, Strom einzuspeichern, weil er gerade billig ist. Aber in seiner räumlichen Nähe gibt es gar keinen Stromproduzenten, denn der Preis ist deshalb billig, weil Windkraftanlagen im Norden sehr viel Strom produzieren. Also muss der Strom für diesen Akku durch ganz Deutschland transportiert werden und belastet dabei natürlich unser Stromnetz. Damit das Stromnetz das aushält, werden wir es ausbauen müssen, was natürlich am Ende wir über den Strompreis (oder die Netzentgelte) bezahlen müssen.

Es kommt noch hinzu, dass solche großen Speicher nur von großen Firmen mit viel Kapital installiert werden können, die dann damit “natürlich” auch Renditen für ihre Investoren damit verdienen wollen. Ihr Ziel wird also sein, gegen den “einen” deutschen Strompreis zu wetten, egal, wie die aktuelle Stromversorgung vor Ort gerade aussieht.

Klar, wir sind in Deutschland und wir lösen unsere Probleme schon immer so, aber wir könnten es auch mal anders versuchen, nämlich kleiner und lokaler.

Ein sinnvoller Ansatz wäre, unser Netz in Zellen zu organisieren.

Die kleinste Zelle ist dabei ein Haushalt. Falls es den Bewohnern möglich ist, organisieren sie ihren Haushalt so, dass sie nur so viel Strom verbrauchen, wie sie selbst erzeugen. Also etwa die Spülmaschine anmachen, wenn das Balkonkraftwerk gerade viel Strom erzeugt. Aber das wird nur selten gut funktionieren, da man nicht ständig seinen Stromverbrauch kontrollieren will. Man könnte deshalb zusätzlich einen Akku kaufen, aber der ist hinter dem Zähler relativ ineffizient, da er nur die Verbraucher hinter dem Zähler sieht.

Deshalb wird noch eine weitere Ebene von Zellen benötigt, die viele Haushalte zu einer Einheit zusammenfasst. Das könnten zum Beispiel 1000 räumlich nahe zusammen liegende Haushalte sein, deren smarte Stromzähler über das Internet miteinander verbunden sind. Für diese Zelle baut man dann einen mittelgroßen lokalen Speicher, dem all diese Haushalte ihre Daten schicken (eigentlich nur, was sie gerade verbrauchen oder erzeugen / gerne verschlüsselt!). Immer wenn in der Zelle in Summe mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird, beginnt dieser Speicher mit dem Laden. Das führt dazu, dass der erzeugte Strom quasi lokal in der Zelle bleibt und nicht über weitere Strecken transportiert werden muss, was das gesamte Netz stark entasten würde. Wenn die Zelle weniger Strom produziert als verbraucht wird, gibt der Akku den Strom an die Zelle zurück, wovon dann auch die Haushalte profitieren, die keine PV-Anlagen haben.

Im Idealfall würde man so einen Speicher auch lokal finanzieren, zum Beispiel durch Genossenschaften, damit der Ertrag vor Ort bleibt. Immer wenn der Speicher Gewinne erzeugt, baut die Genossenschaft damit neue PV-Anlagen oder vergrößert den Speicher (oder finanziert Spielplätze oder Schwimmbäder).

Leider ist das in Deutschland fast nicht möglich, denn für das lokale Durchleiten von Strom gibt es keine staatliche Erlaubnis. Es gibt nur ein Gesetz, das die Einspeisung von PV-Anlagen regelt, was die lokalen Netzbetreiber dazu zwingt, diesen Strom immer zu kaufen, egal ob er gerade benötigt wird oder nicht. Es ist im Prinzip schon möglich, wenn der lokale Netzbetreiber es unterstützt oder die Genossenschaft eine Lizenz als Stromanbieter beantragt, was aber für so eine Zelle von nur 1000 Haushalten nicht rentabel wäre.

#Stromnetz #Energieversorgung #Energiewende

  • Obelix@feddit.org
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    9 days ago

    Im Graphen siehst du sogar eine intelligente netzdienliche Steuerung des Akkus:

    Hier nochmal etwas deutlicher aus einem anderen Tag: Er macht genau das, was du forderst. Er lädt morgens den Akku etwas auf, um die Verbräuche im Haus puffern zu können und schiebt dann etwas Pause, in denen er den Solarstrom ins Netz ballert und lädt dann erst richtig auf.

    • Don di Dislessia@feddit.orgOPM
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      9 days ago

      Verstehe ich das richtig, du willst bei allen 5 Millionen PV Anlagen dabei helfen, das so toll zu regeln, wie bei dir :-) Ich verstehe auch den Widerspruch nicht, der zu einer lokalen Zelle mit einem mittelgroßen Speicher besteht.

    • federal reverse@feddit.org
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      9 days ago

      Ok. Den Knick habe ich nicht gesehen, aber das ist natürlich cool! Ich finde das immer noch ein bisschen vorsichtig, vor allem, weil der Akku nicht ins Netz entladen wird. Aber ich glaube, das darf man derzeit nicht mal einfach so.

      • Obelix@feddit.org
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        9 days ago

        Ich hab mir das sogar mal durchgerechnet: Es lohnt sich aktuell nicht wirklich. Das Problem ist ja, dass dein Akku durch jeden Ladezyklus verschleißt und bei den magren 8 Cent pro kWh für die Einspeisung lohnt es sich im aktuellen regulatorischen Umfeld null, wenn man seinen Akku so nutzt. Da pufferst du lieber keinen Netzstrom, das ist doof für das Netz, aber der Akku im Keller hält länger deinen eigenen Solarstrom und rentiert sich dann eher. Ist natürlich total bescheuert, aber ist so.

        • federal reverse@feddit.org
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          8 days ago

          Ja, eben, es scheint sich nicht für dich zu lohnen. Aber wir könnten wahrscheinlich etwas mehr klimafreundlichen Strom im Netz haben, könnten Netzeingriffen entgegenwirken und das völlig ohne weitere Ausgaben.