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Cake day: June 23rd, 2024

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  • No, if you are versed with german culture you know that there is no widespread flag worshipping culture here.

    There’s a difference between worshipping a flag like in the US or really any autocratic system and a relaxed approach to the own flag. I know and acknowledge what the flag of my country stands for and although I don’t need to wave it in everyone’s face, I still can connect to it. I respect that you might think differently about this, but I think the German flag itself isn’t what makes a person right-wing or even far-right.



  • Also vielleicht ganz grundsätzlich vorweg: ich kann dein Unbehagen bei dieser Thematik gut verstehen und bin selber auch nicht völlig frei davon. Wir haben uns in Deutschland über Jahrzehnte an einen gewissen Umgang mit dem Thema gewöhnt und der wird gerade ziemlich herausgefordert.

    Neitzel ist in meinen Augen jemand, der nun auch noch extra den Finger ganz bewusst in diese gesellschaftliche “Wunde” legt und uns damit in gewisser Hinsicht den Spiegel vorhält und uns ganz explizit mit diesem Unbehagen konfrontiert. Das ist schon polarisierend, aber ich finde auch spannend, was das in uns hervorruft.

    Das komische an der Sache, und das lässt eben auch viel Spielraum für Interpretation, ist, dass er gar nicht genau erklärt, was ihm eigentlich fehlt. Bei der Bundeswehr.

    Ich glaube, ein Thema für ihn ist dieses merkwürdige Spannungsverhältnis, in dem wir die Bundeswehr halten. Nach den unvorstellbaren Gräueln, die wir als Deutsche vor nicht allzu langer Zeit verbrochen haben, haben wir nachvollziehbarerweise große Berührungsängste mit dem Thema, machen uns dabei allerdings auch nicht richtig ehrlich. Wir wollen (vollkommen zurecht, wie ich finde) eine ganz klare Trennung von der Wehrmacht und ihren Verbrechen, wir wollen eine möglichst “verbürokratisierte”, “cleane”, “ungefährliche” Bundeswehr, damit wir nicht noch einmal Täter werden. Das Unehrliche ist jetzt, dass wir einerseits am liebsten wohl gar keine (sichtbare) Bundeswehr mehr hätten, wir uns am liebsten gar nicht mit diesem Themenkomplex auseinandersetzen wollen, eine extrem ausgeprägte Grundskepsis gegenüber dem militärischen haben, andererseits aber natürlich trotzdem von der Bundeswehr und den Soldaten erwarten, dass sie für uns kämpfen und töten würden und im Äußersten auch bereit wären, das eigene Leben zu geben.

    Ich kann wie gesagt sehr gut verstehen, warum wir als Gesellschaft so denken. Ich kann aber auch nachvollziehen, dass diese “Scheinheiligkeit” für die Soldaten sehr unbefriedigend ist.

    Neitzel sagt nun, dass wir als Gesellschaft quasi erfolgreich verdrängt hätten, dass ein Soldat nicht zuletzt zum kämpfen da ist, dafür trainiert und danach strebt, darin immer besser zu werden. Wir möchten diese Tatsache aber nicht artikulieren, weil wir sie eigentlich nicht hören wollen. Das ist für die Soldaten aber der Beruf, den sie perfektionieren möchten und im Zweifel erkennen sie in dem angesprochenen Nachtflieger Lent primär den erfolgreichen Flieger als “handwerkliches Vorbild”. Er wünscht sich, dass wir beides haben können: einmal die Vorbilder für die Gesinnung, die den Soldaten die richtigen Werte vorgeben - einmal die Vorbilder für den eigentlichen Beruf, in dem sie sich verbessern wollen.

    Klar ist natürlich, dass das ein sehr schwieriges Terrain ist und wirklich nur Leistung, niemals jedoch die Ideologie so eine Figur bestimmen darf. Ich tue mich schwer damit und hätte es am liebsten, wenn wir dabei gar nicht mehr über Leute aus der Wehrmacht diskutieren müssten, aber ich will nicht ausschließen, dass es einzelne Figuren gibt, bei denen die Leistung die Ideologie so überragt, dass sie Leistungsvorbild sein könnten.

    Interessant ist in dem Kontext, dass er sagt, dass sobald “eigene Geschichte” geschaffen wurde, wie beispielsweise durch Einsätze in Afghanistan, diese die alten Figuren von früher sofort verdrängt hat, es also ohnehin mit jedem Bundeswehreinsatz weniger relevant wird.

    Wenn er sagt, die Panzer müssten halt die Nazimanöver üben, klingt das, als hätte die Zeit von 50 - 2022 gar nicht existiert.

    Ich verstehe ihn so: Panzer im heutigen Sinne und Fallschirmspringer haben ihren Ursprung in den 30ern. Also wurde da auch sehr viel “taktische Grundlagenforschung” betrieben und viele dieser Taktiken sind wohl bis heute valide. Man macht also mit Panzern heute keine Nazimanöver, weil die Nazis so toll sind, sondern weil die sich damit damals so intensiv auseinandergesetzt haben. Das ist genau die von ihm kritisierte fehlende Differenzierung bei uns in der Gesellschaft, die zwar sagt, dass man Käfer fahren oder Autobahn benutzen kann, ohne damit Nazitum zum Ausdruck bringen zu möchten, aber wenn Panzer Taktiken aus der Wehrmachtszeit nutzen sollten, schrillen bei uns die Alarmglocken.

    Ausserdem: Das war doch immerhin Verteidigung, was man ja jetzt ebenfalls wünscht, wie es heisst, und ich meine mich zu erinnern, dass die Wehrmacht mehr so auf Angriff gebürstet war.

    Das ist wie bei der aktuellen Diskussion bei der Ukraine bezüglich “Verteidigungs-” und “Angriffswaffen”. Die Trennung ist am Ende ja nicht so scharf zu ziehen wie manchmal suggeriert. Ein Soldat mit Gewehr kann ein Haus stürmen oder ein Haus verteidigen. Ein Verteidiger kann mit 20 Panzern einen Entlastungsangriff gegen den Angreifer fahren, um ihn aus seinem Land zu drängen. Ich kann mit Panzerhaubitzen entweder gegnerische Stellungen aufweichen, bevor ich sie angreife, oder bevor sie mich angreifen. Eine Armee muss angreifen und verteidigen können, auch wenn sie nie beabsichtigt, ein gegnerisches Land zu erobern.

    Ebenso die Frage wie die Bundeswehr zur Demokratie passt. Müssen wir uns wirklich diese Frage stellen? Sind das nicht auch erledigte Debatten aus dem 20. Jahrhundert?

    Doch, die Frage finde ich schon ziemlich interessant und aktuell. Vor der russischen Vollinvasion hatten wir viele Stimmen, die recht laut darüber nachgedacht haben, ob wir überhaupt noch eine Bundeswehr brauchen, weil doch eh Frieden um uns herum ist. Stetiger Abbau seit den 1990ern ist ja auch ein Anzeichen dafür, dass die unterstellte Wichtigkeit abgenommen hat. Jetzt hat es sich gedreht und gerade wir in Deutschland müssen uns ehrlich machen. Die Amis, als bisherige militärische Abschreckschutzmacht, sind nicht mehr vertrauenswürdig und plötzlich schauen Leute zb aus dem Baltikum auf uns und sagen “macht was!”. Wir müssen also anfangen, auch den militärischen Aspekt in die eigenen Hände zu nehmen, nachdem wir das vorher jahrzehntelang an die Amis (und in der anderen Hälfte auf die Sowjets) outgesourced hatten. Das ist super spannend, weil sich jetzt auch entscheidet, was wir eigentlich haben wollen, wie wir das politisch/gesellschaftlich begleiten und definieren werden. Wir werden Spagat machen müssen zwischen unserem gesellschaftlich verankerten Unwillen, eine militärische Macht zu werden und der geopolitischen Notwendigkeit, uns nicht mehr auf Amerikaner verlassen zu können und selber für die Sicherheit unseres Kontinents sorgen zu müssen.

    Was für eine Wand von Text. Entschuldige bitte.


  • I don’t think this is too alarmist.

    I don’t think it is very objective, either. The article cites an interview in Spiegel in 2017 which can also be found online.

    Your article:

    Neitzel insists that the Bundeswehr must stand in the tradition of the Wehrmacht because it must be an “instrument of battle.” He declares that “tank grenadiers and paratroopers” can “hardly be offered non-combative role models.”

    Actual Spiegel article [deepl translation]:

    But the Bundeswehr is also an instrument of combat. Just talk to tank grenadiers or paratroopers. They’re not running around with foam balls, they’re supposed to be able to fight and kill, because that’s what the Federal Republic of Germany demands of them. In return, I have to accept that these people, all volunteers, have a certain ethos. They don’t say: It’s terrible that I’m a sniper. They want to master their profession - just like you want to be good journalists and I want to be a proper historian. I can’t offer these people nothing but non-combatant role models.

    Neither does he say the Bundeswehr must stand in the tradition of the Wehrmacht nor does he say that “tank grenadiers and paratroopers” can hardly be offered non-combative role models but that they cannot be only offered non-combative role models.

    Your article:

    One can also “act in an exemplary manner in a total war for a criminal regime… for example, in providing leadership or as a successful soldier like [Helmut] Lent.”

    Lent, whom Neitzel praises, was a leader of the 3rd night fighter squadron who was styled a war hero by Nazi propaganda. In his funeral oration, Hermann Göring described him as a “supporter of our National Socialist [Nazi] world outlook.”

    Acrual Spiegel article [deepl translation]

    Lent scored 110 kills, he was one of the most successful German night fighters and was celebrated accordingly by the propaganda. But as far as we know, he was not a Nazi. Now you can say that this man fought for a system whose character we can all agree on. Or you can look at how he led his squadron, how he flew himself, and come to the conclusion that he was a role model as an aviator and troop leader. I would ask the soldiers in the Lent barracks.

    We just shouldn’t try to smooth over people’s life stories. As role models, people are always edgy. And if the tradition of the Bundeswehr is not to begin in 1986 - when the first inspector general with no experience of the Second World War took office - we have to accept the brokenness in people’s CVs. It is also possible to act in an exemplary manner for a criminal regime during a total war - in the sense of resistance like Tresckow, but also as a military man, for example in leadership or as a successful soldier like Lent.

    While your article wants to make it seem that Neitzel is praising a Nazi war hero for this, in the actual article Neitzel explains his views on Lent which are a bit more complicated than told in your article.

    Also, they conveniently left out the parts where Neitzel explains that the “exemplary manner” in which a person can act even in a total war for a criminal regime (which he does not apologise or trivialise, btw) can be not only as a successful soldier but also in resistance or in leadership.

    Your article:

    For Neitzel, not only Nazi propaganda heroes are to be revered for their military achievements, but Hitler’s Wehrmacht as a whole. “The initiative to want to win, to thrust forward, loyalty to duty—are all military qualities that remain valid,” he declares.

    Actual Spiegel article [deepl translation]:

    In terms of practical skills, there is a great deal of agreement with what the Bundeswehr also demands of its combat troops: the initiative to want to win, forward momentum, loyalty to duty - these are all military qualities that are still valid. This whole box of traditions is - I exaggerate - only a problem for the combat troops anyway. Especially in units such as the armored forces or the paratroopers, which were formed in the 1930s. When they practise combat, they always end up using the tactics of the Wehrmacht.

    He absolutely doesn’t say that Hitler’s Wehrmacht as a whole should be revered but that at the core, in both Wehrmacht and Bundeswehr (or any other military), the core demands on soldiers are always the same: a desire to win, to proceed and to be loyal. Futhermore, units that were first developed in the 30’s inevitably also use tactics of one of the biggest armies at that time and extensively developing these units, the Wehrmacht. Is that really surprising?

    I encourage you to read the original article, as yours seems to be quite biased and I think its always best to aim for an objective and original source where possible.

    In the previous article, this is what I based my suspicions on:

    Musste die junge Bundesrepublik etwa noch auf die alten Wehrmachtseliten zurückgreifen, um eine Armee im Dienst der Freiheit aufzubauen, wolle man nach der Jahrtausendwende von dieser Kontinuität meist nichts mehr wissen, sagt Neitzel. Ein Ausdruck dessen sei etwa der Traditionserlass der Bundeswehr von 2018.
    

    Yes, but the paragraph doesn’t start there. The sentence before that is vital for the meaning, hence we shouldn’t omit it:

    Gleichzeitig ist die Frage, ob und wie eine Armee wie die Bundeswehr in die Demokratie passt, mit zunehmendem Abstand zu den Weltkriegen und den deutschen Diktaturen drängender geworden.

    His point: while in the early years, a continutiy to the Wehrmacht was almost inevitable, this continutiy now almost faded to non-existence as time passed on and we don’t want this continuity anymore. However, we haven’t tackled the question yet of, as he says it, how an army such as the Bundeswehr fits into our democracy. He criticises the lack of an honest military culture in Germany that also accepts that there are soldiers that literally train to kill succesfully and prepare to give their lives for this country and the resulting dishonest desire to make the Bundeswehr exist in a sterile vacuum with no historical lineage and as little connection to the rest of the society as possible.



  • It’s such a common place that soldiers have to acquire military skills, it’s laughable to pretend that the German state or bureaucracy sort of forgot about that.

    That is not the point he’s making. He says that while we (as in the general public) like to make the Bundeswehr appear as a “clean” entirely “bureaucratic” object with a large focus on questions of ethos/attitude, we closed our eyes to the inevitable military nature of the Bundeswehr. This is understandable, given our history, but the soldiers who actually risk their lives don’t only need role models in terms of ethos/attitude, but also in terms of skills. Maybe I overlooked it, but I can’t see where he “explicitly criticises the German military’s directive that the Wehrmacht can’t serve as a traditional role model for the Bundeswehr” and especially not where he “wants to see the military traditions of Wehrmacht and Prussia, reinstated”

    The reasons why the Wehrmacht should never be a fucking role model for the Bundeswehr has been discussed at length and brought to an end (it seemed) in the 90s.

    That’s why I’d like to see where he makes that point. We then can get angry all we want, but first I’d like to see what precisely to get angry at.


  • Well, we have historians who think it necessary to introduce the old traditions again.

    As far as I can tell, this historian says in the article that a soldier is more than an extension of democracy but also needs to be able to actually fight and hence not only needs ‘role models’ for ehtos/attitude but also for acquiring military skills.

    He criticises that we (Germany) try to hide the bitter reality of the military behind a purely bureaucratic façade, while the actual soldiers risking their lives deserve a more honest and open treatment.




  • Zu einem Austausch gehört aber nunmal auch dazu, das beide Seiten etwas aus dem Diskurs mitnehmen. Das scheint bei dir ja überhaupt nicht geklappt zu haben, wenn du mit den selben Argumenten ankommst. Also wieso sollte sich jemand dann die Mühe bei dir machen?

    Ich habe unseren alten Diskurs wiedergefunden. Der endete offen mit folgendem, was ich auch hier wieder wiederholen würde:

    Diese Sache mit den Aussagen von van Aken bezüglich der Waffenlieferungen wurde hier jetzt in der letzten Zeit super oft als “Relativierung” der Positionen der Partei angeführt. Aber man kann einfach nur jedes Mal wiederholen, dass er das zwar gerne sagen kann, es aber einfach überhaupt nicht die gemeinsam abgenickte Position der Partei ist. Und diesen direkten Widerspruch hat hier bisher auch keiner wirklich aufgelöst bekommen.

    Wie siehst du es dann bei anderen Parteien?

    Tatsächlich ganz genau so.

    Alles was die Spitzenpolitiker, die letztlich verhandeln und Gesetze verabschieden, sagen und tun, ist egal?

    Was Spitzenpolitiker sagen: vollkommen egal. Da würde ich mich, egal bei welcher Partei, keine Sekunde drauf verlassen. Schau dir die Grünen an, die keine Beteuerungen von Merz haben wollten, sondern es schriftlich. Recht haben sie.

    Was Spitzenpolitiker verhandeln, für Gesetze verabschieden oder tun: daran kann man sie messen. Das haben wir hier jedoch (noch) nicht. Hier muss ich, um die Position der Partei zu erkennen, ins von der Partei verabschiedete Wahlprogramm schauen. Dafür ist es ja letztlich auch da, um die Positionen der Partei festzustellen und für den Wähler zu dokumentieren.

    Nein es ist eben nicht passend. Einfach zu widerlegen hier im Programm: “Wir verurteilen diesen völkerrechtswidrigen Krieg und stehen an der Seite der Menschen in der Ukraine, die ein Recht auf Selbstverteidigung hat.”

    Ich sage auch nicht, dass die Linke fordert, dass die Ukrainer pazifistisch sein sollen und/oder die Waffen strecken sollen. Jedoch will die Linke bei dieser Selbstverteidigung gemäß ihres Programms jedenfalls mit Waffen, egal ob selber (kategorische Ablehnung von Waffenlieferungen) oder durch die Unternehmen (kategorische Ablehnung von Waffenexporten und geplante Umwandlung von Rüstungsbetrieben) nicht mitwirken. Kann man diese Weigerung nicht zumindest als pazifistisch motiviert bezeichnen?


  • Ich habe probiert, dir meinen Standpunkt in der Sache zu erklären und entsprechend zu begründen. Das ist eigentlich der Kern eines Austauschs und dafür sind wir hier. Statt dich jetzt primär auf mich als Person einzuschießen, argumentiere doch lieber, warum man die Aussagen einzelner Politiker höher bewerten sollte als das, was die Partei gemeinsam im Wahlprogramm als ihre offizielle Linie verabschiedet hat. Kannst du zumindest verstehen, wenn jemand dem gemeinsam Verabschiedeten und Geschriebenen mehr Gewicht geben würde als dem von einzelnen Gesagten?

    Das in “KEINSTER WEISE” bezieht sich doch ganz offensichtlich auf den Teil der Definition zum Pazifismus.

    Das “KEINSTER WEISE” erkenne ich halt in dieser Ausschließlichkeit nicht im Wahlprogramm. Da wird sich einerseits gegen Waffenlieferungen in Kriegs- und Konfliktgebiete ausgesprochen (passend zum diesem Teil: “Selbst wenn ein Staat angegriffen wird, soll dieser sich nicht mit militärischen Mitteln verteidigen.”) und es wird die Umwandlung von Rüstungs- zu ziviler Industrie gefordert (keine Waffen, passend zu diesem Teil: “Pazifisten dulden nur friedliche und gewaltfreie Aktivitäten.”)

    Wie ich bereits gesagt habe: ist das für mich 100% Pazifismus? Nein. Ist das jedoch 0% Pazifismus (aka “KEINSTER WEISE”)? Nein, definitiv nicht, wie oben begründet.